Zur diesjährigen 25. Jubiläumsausgabe der Ronde van Vlaanderen Cyclo – der Flandernrundfahrt für 16.000 Jedermänner – machten sich auch sieben Mitglieder unseres Vereins auf den Weg ins benachbarte Belgien. Drei Strecken mit 71 km, 129 km oder 227 km und bis zu 2.200 Hm standen zur Auswahl. Die besondere Würze aus ruppigen Wegen und kopfsteingepflasterten Hellingen brachten sie alle drei mit sich.

Nach fast störungsfreier Anreise nach Zedelgem in der Nähe von Brügge wurden wir im Hotel mit ein paar unerwarteten Vorzügen unserer Unterkunft empfangen. Nicht nur, dass wir nächtigten wie die echten Profis (Das Team Wanty-Groupe Gobert wohnte in den Zimmern um uns herum!), am Sonntagmorgen gab es auch das Profirennen aus erster Hand zu sehen. Alle Jahre wieder kommt die Flandernrundfahrt am Kreisel direkt vor diesem Hotel vorbei. Na wenn das mal nichts war! Aber auch hier galt das alte Motto „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“. In diesem Sinne ging es am Abend noch schnell einen Happen essen und dann nichts wie ab ins Bett!

Am nächsten Morgen waren wir bereits kurz nach 6 Uhr mit unserem Vereinsbus auf dem Weg nach Brügge. Wir hatten den Zeitplan etwas großzügiger gesteckt. Zum Glück. Brügges Innenstadt ärgerte uns nämlich noch vor dem Morgengrauen mit einer Straßensperrung. Tja, das hieß dann für unseren Lars mal eben Orientierungssinn in einer völlig fremden Stadt zu beweisen. Aber alles gut. Just in time kam die Nachricht, dass er am Start der 227km-Strecke sei. Zu dieser Zeit waren Wolfram und Stefanie im Bus mit ihrer eigenen Orientierungsfahrt beschäftigt. Rita und Michael bevorzugten auch an diesem Wochenende das Campen und wurden entsprechend an anderer Stelle von den beiden abgeholt. Nun gut, auch das sollte klappen, sodass der Rest unserer Truppe – Marco und Verena hatten wir auf der Autobahn eingeholt – gute 70 km weiter und anderthalb Stunden später in Oudenaarde ebenfalls über die Startlinie rollte. Schon jetzt waren wir inmitten einer unheimlichen Masse von Radfahrern. Vor uns, hinter uns, neben uns, auf der anderen Seite des Flusses, langsamere und schnellere,… Einfach unglaublich viele Menschen auf unglaublich vielen Rädern – begleitet von buntem Sprachengewirr und natürlich vom lieblichen Summen der Freiläufe und Ketten. Das Hochgefühl und die Spannung auf das, was da kommen würde, hatten uns da längst schon gepackt. Wir waren einfach mittendrin, statt nur dabei.

Wenige Kilometer nach dem Start teilte sich die Strecke bereits in 129 km und 71 km, sodass Rita die anderen Gelben verlassen musste. Sie stieg nach rund 10 Kilometern mit dem ersten Verpflegungspunkt und 4 km weiter mit dem Koppenberg (700m Kopfsteinpflaster, max. 22% Steigung) ins Geschehen ein. Es folgten 8 weitere Hellingen und 2 Kopfsteinpflasterpassagen sowie eine weitere Verpflegungsstation, die sie mit ihrem silberfarbenen Crosser unter die Räder nahm. Mit einer souveränen Leistung kam unsere Rita natürlich als erste Bimmicherin aller Zeiten ins Ziel. Herzlichen Glückwunsch zu deiner Leistung!

Aber auch der Rest der Truppe schlug sich je nach persönlichem Leistungsniveau bravourös. Bis auf Lars kamen alle nach nicht einmal 10km Anfahrt an den Wolvenberg. Mit 700m Länge und bis zu 17,3% Steigung kein ganz leichter Einstieg, auch wenn hier freundlicherweise noch auf Asphalt gefahren wurde. Allerdings war bis zu diesem Zeitpunkt sportlich noch rein gar nichts geschehen. Nur flache Straßen ohne jegliche Schikanen. Umso bissiger wirkte diese erste Helling. Nach 700m Erholung folgten dann auf weniger als 3 Kilometern schon die zwei ersten Kasseien – also Kopfsteinpflasterpassagen. Die Ruiterstraat dauerte 800m an, die Kerkgate ganze 1200m. Spätestens hier wurde klar, dass das Kopfsteinpflaster zuhause in Deutschland der reinste Perserteppich ist! Nicht umsonst gab es auf diesen beiden Abschnitten die meisten Defekte auf kleinem Raum. Natürliche Auslese schlechter Schläuche, Mäntel und Flaschenhalter waren Beweis genug. Nach 500m Molenberg mit Kopfsteinpflaster bei Kilometer 22 und ganzen 2300m Paddestraat (Kasseien, km 27) wartete auf der mittleren Distanz bei Kilometer 28 endlich die erste Verpflegungsstation. Zeit sich zu sammeln, etwas von der ziemlich süßen belgischen Verpflegung aufzunehmen und sich nun endlich bewusst in die nächsten Highlights zu stürzen. Nun war ja klar, worauf man sich eingelassen hatte.

Der zweite Abschnitt der mittleren Strecke scheint der leichteste Teil der gesamten Flandernrundfahrt zu sein. Nur einmal gab es eine Kopfsteinpflasterpassage (Haaghoek, 1900m) zu fahren und Leberg, Berendries, Valkenberg und Eikenberg waren vergleichsweise kurz und wenig steil. Freilich sind auch diese Hellingen kein Zuckerschlecken, aber mit nie mehr als 13,8% bzw. maximal 1200m Länge gehören sie in Flandern zu den etwas leichteren Steigungen.

Die Streckenführung brachte etwa bei km 68 (bzw. km 167 für Lars) alle Fahrer der mittleren und langen Strecke zurück nach Oudenaarde an den nächsten Verpflegungspunkt. Rita hatte diesen längst passiert, danach Verena und Marco, im Anschluss Michael und später dann auch Stefanie und Wolfram. Zuletzt verpflegte sich hier Lars, der jedoch nur wenige Kilometer weiter bestens gelaunt im Diesel-Modus an Stefanie und Wolfram vorbeizog. Ein kurzer Plausch mit Zwischenfazit („Das macht echt Spaß! Aber auf den ersten hundert Kilometern ist eigentlich nichts passiert. Das war irgendwie nur Anfahrt.“), schon war er vorbei und es gab zwei neue gelbe Schlusslichter. Kein Problem für die beiden. Mit ihrem Tempo hatten sie einfach länger etwas vom Abenteuer Flandernrundfahrt.

Am Koppenberg angelangt, machte sich das erste Mal die Masse der Fahrer ein wenig negativ bemerkbar. Es gab Stau. Radfahren unmöglich. Es hieß in (Renn)Radschuhen auf 500 schmierigen Metern Kopfsteinpflaster mit bis zu 22% Steigung zu überwinden. Je später man hier ankam, desto dichter war das Gedränge. Zum Trost erlaubte die kurz darauf anstehende Mariaborrestraat (Kasseien, 2000m) wieder freie Fahrt bei feinstem Geholper. Die folgenden Hellingen Steenbeekdries und Taaienberg, Kaperij und Kanarieberg mit bis zu 16% Steigung und maximal 1100m Länge sind sicher auch nicht die härtesten Hindernisse der Strecke. So langsam machte sich aber jeder zuvor gefahrene Pflasterstein und jeder knackige Höhenmeter vergangener Anstiege bemerkbar. Wie gut, dass beim 97. Kilometer des Tages wieder Verpflegung erreicht war. Der Blick in die Gesichter anderer Fahrer zeigte auch hier deutlich weniger Frische als am Morgen. Teilweise gab es blutige Knie und dreckige Hosen zu sehen. Toi, toi, toi! Die Gruppe des RSC sollte am Ende des Tages weder Defekte an Mensch, noch an Maschine zu beklagen haben. In Flandern offenbar ein ganz eigener Erfolg. Ein anderes kleines Hochgefühl kam auf, als Stefanie am Verpflegungsstand plötzlich von einer Gruppe fremder Fahrer angesprochen wurde. Sichtlich stolz bekundeten die Jungs „Pfingsten fährt man in Bimbach! In ein paar Wochen sind wir auch auf eurer Strecke unterwegs!“.

Nun standen auf 32 km die letzten 4 Hellingen an. Nicht umsonst hatte Red Bull seinen Stand NACH Kruisberg (max. 9%, 1400m, km 99) und Karnemelkbeekstraat (max. 10%, 900m, km 106) und VOR dem Oude Kwaremont (max. 11,6%, 2200m, km 111) und dem Paterberg (max. 20,3%, 400m, km 116) platziert. Aber mehr noch als eine Dose Flüssigzucker spornte das mittlerweile aufgetauchte Publikum an. Waren die Straßen zunächst leer gewesen, sammelten sich vor allem ab der Verpflegung in Oudenaarde zunehmend begeisterte Belgier vor ihren Häusern, feuerten die Jedermänner an, feierten auch ein kleines bisschen sich selbst und gaben dem Ganzen einen zusätzlichen Schwung. Ein schönes Gefühl – diese Freude einer ganzen Region an unserem tollen Sport!

Kruisberg und Karnemelkbeekstraat fühlten sich nach der bisher gefahrenen Strecke schon fast an wie alte Bekannte. Kopfsteinpflaster, Prozente, teilweise gequälte Gesichter. Was auch sonst?! Ungewöhnlich war hier allenfalls eine Vierergruppe Rollerfahrer. Vier offenbar belgische Frauen und Männer fuhren tatsächlich mit einer Art Tretroller für Erwachsene die 129 km lange Strecke. Hut ab. Optisch kein Highlight, aber sportlich sicher noch eine ganz andere Herausforderung.

Am Kwaremont angekommen, hieß es wieder absteigen. Auch hier gab es „Stau und stockenden Verkehr“ und auch hier war man besser dran, je früher am Tag man diesen Anstieg erreicht hatte. Manch einer mag froh gewesen sein, diese längste aller Hellingen nicht fahren zu müssen. Für den sportlich Ehrgeizigen war es aber eher eine herbe Enttäuschung. Ähnliches spielte sich am Paterberg, der letzten Herausforderung des Tages ab. Den Unterschied machte nur die Länge der Strecke vor dem eigentlichen Anstieg, auf der bereits gewartet, gelaufen, gewartet, gelaufen,… werden musste. Bis zu einem halben Kilometer vor dem Paterberg staute sich die Menge. Nur mit etwas Glück erwischte man eine Welle, in der mehr Platz war. Da hieß es dann nichts wie rauf aufs Rad und mit der Masse die letzte Herausforderung des Tages in Angriff nehmen! Und plötzlich, ja ganz plötzlich und unerwartet – wie aus dem Nichts! – war alles vorbei. Kein Kopfsteinpflaster mehr, keine Hellingen mehr. Dafür erstmals die typische Gruppenbildung auf dem Endspurt ins Ziel nach Oudenaarde. Was machte es jetzt noch, dass kräftiger Wind aufgekommen war? Dass statt der angekündigten 20°C und Sonnenschein gerade einmal 12°C und bedeckter Himmel eingetreten waren? Dass der Endspurt schlappe 30km lang war? Nichts machte das! Soeben war die legendäre Ronde van Vlaanderen geschafft worden. Das war alles, was zählte.

Das „Official Finish“ lag am Stadtrand von Oudenaarde auf der Minderbroedersstraat. Hier kamen die Teilnehmer einfach nur noch reingerollt – zufrieden mit sich und der Welt und ganz bestimmt auch ein bisschen stolz auf die eigene Leistung. Auf dem Weg zum Startbereich führte der Weg durch die Innenstadt. Für einige wohl das erste Mal an diesem Tag, dass sie mehr als den Boden unter ihren Rädern wahrnahmen. Oudenaarde entzückte mit hübschen Gebäuden im gotischen Stil, mit sanft gepflasterten Straßen und speziell an diesem Tag als perfekter Gastgeber für 16.000 Verrückte aus 59 Ländern.

Die Gruppe aus Bimbach traf sich letztlich – wo auch sonst nach einer netten Radtour – im beheizten Bierzelt bei süffigem belgischen Leffe-Bier und leckeren Pommes Frites wieder.Kontakt zu anderen war schnell hergestellt. Schließlich waren hier endlich mal wirklich alle gleich. Man unterhielt sich, machte Gruppenfotos für andere, ließ selbst Fotos machen und genoss einfach den Moment. Später am Abend, nachdem alle Anstrengungen mit einer heißen Dusche weggespült worden waren, belohnte sich unserer Truppe mit einem wunderbaren Essen. Auf Empfehlung waren wir – etwas unwissend – in einem gehobenen französischen Restaurant gelandet. Vollkommen underdressed gab es eine Runde Rib-Eye-Steak für jeden. 300g feinstes Rindfleisch mit perfektem, individuell geordertem Garpunkt. Dazu handgemachte Pommes und knackiger Salat. Ein Hochgenuss und der perfekte Abschluss des Tages.

Der Sonntagmorgen begrüßte uns mit dem für den Vortag angekündigten Sonnenschein und herrlichem Frühlingswetter. Nach komatösem Schlaf schmeckte das Frühstück natürlich besonders gut. Auch hier hinterließ Belgien einen absolut positiven Eindruck. Danach ging es raus an die Straße. Binnen 30 Minuten waren die Wege und die Verkehrsinsel des besagten Kreisverkehrs vor unserem Hotel komplett mit Zuschauern gefüllt. Jung und Alt warteten auf die Vorbeifahrt der Profis, die unsere gestrige Tour zu dieser Zeit noch vor sich hatten. Ein Riesenspektakel für eine so kleine Ortschaft wie Zedelgem. Spannung lag in der Luft. Mannschaftsfahrzeuge, Werbekolonnen, Fernsehhubschrauber. Und dann kamen sie! In waghalsigem Tempo rein in den Kreisel, die erste Ausfahrt rechts genommen, der eine oder andere Bunnyhopp über eine Verkehrsinsel. Innerhalb von 20 Sekunden war das Wesentliche auch schon vorbei. Die Straße leerte sich und auch die letzten Bimbacher traten nun die Heimreise an. Schön war‘s gewesen. Eine Erinnerung, ein Erlebnis für den Rest des Lebens. Sowas muss man einfach gemacht haben. Und wer weiß? Vielleicht war das auch nur der Einstieg in eine Serie aus Frühjahrsklassikern. Andere Mütter haben schließlich auch noch schöne Töchter!

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